Persönlichkeitsstörungen – Wer stört wen warum? - Prof. Dr. Thomas Bock, Dr. Ewald Rahn, Dr. Christiane Tilly - Universität Hamburg
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29.11.2022
Persönlichkeitsstörungen – Wer stört wen warum?
Bock auf Dialog? - mit beruflichen und Erfahrungsexperten
Wir möchten uns unterscheiden, Eigenheit bewahren. Wir sprechen von akzentuierten Persönlichkeiten und von Persönlichkeitsstörungen? Wo ist der Übergang, welche Rolle spielt der soziale Kontext? Was gilt es zu lernen von und für Menschen mit Borderline Erfahrung? Was steckt hinter den vordergründigen Konflikten, hinter Selbstverletzung und Suizidalität? Welche Rolle spielen traumatische Erfahrungen, welche die Ressourcen? Wie schaffen wir es, dass nicht die einen zu viel, die anderen zu wenig Hilfe bekommen? Die Diagnose steht infrage – auch weil wir es schaffen müssen, die persönlichen Konflikte wahrzunehmen und nicht bestimmte Muster zu verstärken. Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) wurde von Marsha Linehan geprägt, die nach ihrer beruflichen Tätigkeit auch eigene Krankheitserfahrungen offen machte. Die Gesprächspartner plädieren für eine Ergänzung der DBT durch das Trainingsprogram STEPPS ( dt. "Erkennen von Emotionen und Problemlösen systematisch trainieren"), für den Vorrang ambulanter Strukturen und für mehr Respekt vor der Verschiedenheit der Menschen – mit und ohne Diagnosen.
Dr. Thomas Bock im Gespräch mit Dr. Ewald Rahn, eh. Chefarzt LWL Klinik Warstein; Dr. Christiane Tilly, Mitarbeiterin in einer psychiatrischen Klinik, eigene Krisen- und Behandlungserfahrungen
Produziert von mariquadrat - Filme für den Wissenstransfer (www.mariquadrat.de)
Mit freundlicher Unterstützung von der Deutschen Rentenversicherung Nord
Literatur:
1. Dachverband STEPPS: https://www.dachverband-stepps.de/
2. Rahn, Ewald: Praxiswissen: Menschen mit Borderline begleiten:
https://www.psychiatrie.de/buecher/krankheitsbi...
3. Rahn, Ewald: STEPPS (System Training of Emotional Predictability and Problem Solving) in einer vernetzten ambulanten Hilfe für Menschen mit Borderline Persönlichkeitsstörung
https://link.springer.com/article/10.1007/s0072...
4. Tilly, Christiane/Offermann Anja: Mama, Mia und das Schleuderprogramm:
https://psychiatrie-verlag.de/product/mama-mia-...
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Zur Anthropologie von Gesundheit und Krankheit in der Psychiatrie
Psychische Erkrankungen gelten als Volkskrankheiten. Mindestens ein Drittel aller Menschen wird im Leben mit psychiatrischer Hilfe zu tun bekommen. Wird die Menschheit (psychisch) kränker? Oder unser Verständnis von Erkrankung menschlicher? Laufen wir in Gefahr, Probleme zu psychiatrisieren, die eher gesellschaftliche Lösungen erfordern? Wieso werden in dem Irrsinn, in dem wir leben, nicht alle verrückt?
Psychische Störungen haben mit zutiefst menschlichen Themen und Konflikten zu tun, psychiatrische Diagnosen sind philosophisch zu überdenken. Wir dürfen über die Spezialisierung auf Transmittel und Synapsen nicht den Blick auf den ganzen Menschen verlieren. Wir müssen noch fragen können: Was hat die Depression mit Scham, die Manie mit der Flucht aus Überanpassung und was haben beide mit dem Verlust von Zeitgefühl zu tun? Sind Menschen in Psychosen vor allem dünnhäutig, sodass innere Dialoge zu äußeren werden und auch reale Ereignisse filterlos eindringen? Wie weit sind Ängste lebensnotwendig, Zwänge Schutzmechanismen und Süchte Ausdruck haltloser Suche; wo sind alle drei nicht nur individuell riskant, sondern kulturell prägend. Wer stört wen, wenn wir von Persönlichkeitsstörungen sprechen? Und erfassen wir noch, dass die zugrundeliegenden Spannungsfelder zwischen Nähe und Distanz, Autonomie und Bindung, Anpassung und Widerstand alle Menschen betreffen? – Wie müssen Hilfen aussehen, die nicht nur annehmbar sind, sondern auch helfen, die überwältigenden Erfahrungen wieder anzueignen und die eigenen Bewältigungsstrategien zu stärken.
Die Vorlesungs-Dialoge lassen Experten zu Wort kommen, die über den Tellerrand schauen.
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