Hinterm Horizont geht‘s weiter!? Perspektiven der Zeitgeschichte im 21. Jahrhundert - Prof. Thomas Großbölting - Universität Hamburg
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21.04.2022
Hinterm Horizont geht‘s weiter!? Perspektiven der Zeitgeschichte im 21. Jahrhundert
Vortrag von Thomas Großbölting (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg)
Ist unsere Gesellschaft so polarisiert, dass unsere Demokratie Schaden nimmt? Rechtfertigt eine historische Großrusslandvision einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg? War oder ist Corona eine „Zeitenwende“ – oder tritt diese doch erst mit dem Ende der außen- und militärpolitischen Zurückhaltung des regierenden Kabinetts ein? Zu all diesen und vielen weiteren Fragen hat Zeitgeschichte etwas zu sagen – und tut dieses auch: Historikerinnen und Historiker treten in den verschiedensten Zusammenhängen auf und reden dazu (gefragt oder ungefragt). Sie leiten aus der Vergangenheit her, vergleichen das Heute mit dem Gestern und geben sogar – obwohl dazu professionell eigentlich nicht gut ausgestattet – den einen oder anderen Ausblick in die Zukunft. Nicht nur die Regale der großen Buchhandelsketten, sondern auch Medienpräsenz und Einschaltquoten zeugen davon: die Zeitgeschichte ist ein starkes Fach!
Dieser ‚Erfolg‘ verdeckt gelegentlich, dass das Fach selbst vor wichtigen Grundsatzfragen steht: Welche Themen soll und kann Zeitgeschichte untersuchen, wenn sie sich nicht mehr allein postkatastrophisch, also an den Weltkriegen, der NS-Diktatur und dem Holocaust orientiert? Wie kann sie sich zeitlich und räumlich positionieren, wenn der Quellenzugriff nicht mehr von Archivsperrfristen und die Themen nicht mehr von nationalen Grenzen geprägt sind?
Die wissenschaftliche Profildebatte spitzt sich in einem methodischen Punkt besonders zu: Was können Zeithistorikerinnen und Zeithistoriker in ihren Analysen der Vergangenheit eigentlich „besser“ als die vielen anderen an der jüngsten Vergangenheit Interessierten wie Journalist:innen, Schriftsteller:innen, Künstler:innen oder auch Politiker:innen? Was setzt das Fach in Zeiten von fake news und fake history denjenigen entgegen, die den Bezug auf die Vergangenheit vor allem als krude politischen Instrumentalisierung betreiben?
Der Vortrag nimmt den Jahrestag der FZH – vor 25 Jahren wurde mit der Stiftung Forschungsstelle für Zeitgeschichte einer der „Player“ der Zeitgeschichtsforschung in Deutschland gegründet – zum Anlass, um diese Fragen zu entwickeln, erste Antworten zu geben und auf diese Weise den Horizont zu skizzieren, die in den folgenden Wochen dann namhafte Referentinnen und Referenten jeweils für ihre Segmente weiter skizzieren.
Moderation: Kirsten Heinsohn (Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg)
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Zeitgeschichte als die Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts ist eine lebendige Teildisziplin der Geschichtswissenschaft. Ihre Themen stehen zudem als "Vorgeschichte der Gegenwart" im Blickpunkt von Medien und Öffentlichkeit. Die Vorträge der Reihe bringen Expertinnen und Experten des Faches nach Hamburg, die einen Einblick in ihre jeweiligen aktuellen Forschungsfelder geben und grundlegende konzeptionelle Überlegungen zur Diskussion stellen. Alle Beiträge orientieren sich an der Leitfrage, vor welchen inhaltlichen und methodischen Chancen und Herausforderungen die Zeitgeschichtsschreibung in den kommenden Jahren stehen wird.
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