Der 4. Deutsche Jugendhilfetag 1970: Tumult und Aufbruch in sieben Konfliktfeldern - Prof. Dr. Reinhart Wolff - Universität Hamburg
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- Neue Zwänge - alte Potenziale? 50 Jahre Absage des 5. Deutschen Jugendhilfetages
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20.09.2024
Der 4. Deutsche Jugendhilfetag 1970: Tumult und Aufbruch in sieben Konfliktfeldern
„Die APO tanzte, die Reaktion kreischte und der Veranstalter distanzierte sich. So endete der 4. Jugendhilfetag 1970 in Nürnberg. Dieses Ende dokumentiert die Ohnmacht der etablierten Jugendhilfe, ihr ängstliches Schielen auf die der kapitalistischen Verfassung der BRD verpflichteten Politiker, die über weitere Subventionen der Jugendhilfeverbände zu entscheiden haben.“ (Kurt Sprenger 1974: Sozialarbeit und der 5. DJHT. In: Informationsdienst Sozialarbeit, Heft 6. Frankfurt: 35-38)
Die Aufbruchszeit der "68er", verbunden mit der Heimrevolte, bewegte auch die Sozialarbeiter:innen. Die Bewegung richtete sich gegen den gesellschaftlichen Status quo – den Restaurationsmief der 1950er Jahre, die autoritäre Ausbeutungs- und Unterdrückungsstruktur der Klassengesellschaft und ihre Auswirkungen auf Schule, Kindergärten, Jugendzentren, Psychiatrien und Knäste – und zielte auf eine davon befreite Gesellschaft. Um dies zu erreichen, wurde auch das eigene Handeln zum Gegenstand der Kritik gemacht.
Die repressive und individualisierende Sozialarbeit vom idealistischen bürgerlichen Kopf auf materialistische Füße zu stellen, darum ging es dieser Sozialarbeiteropposition, die sich auf dem 4. Deutschen Jugendhilfetag (DJHT) 1970 in Nürnberg als Sozialistische Aktion Jugendhilfetag zum ersten Mal präsentierte.
"Jugend und Recht" sollte das Thema des für den 8. - 11. September 1974 in Hamburg geplanten 5. DJHT sein. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendhilfe (AGJ) sagte diesen jedoch ab – als Antwort auf die Aktivitäten der Sozialistischen Aktion, welche die „Umfunktionierung“ und „Gefahr einer Sprengung“ des Jugendhilfetages mit sich zu bringen drohten (AGJ-Pressedienst zur Absage des 5. DJHT, 30.5. 1974). Man wollte nicht zulassen „[...]daß mit erheblichen Steuermitteln letztlich die Selbstdarstellung von Gruppen finanziert wird, die die freiheitlich demokratische Ordnung unseres Staates bekämpfen.“ (ebd.) Die Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg sah in dieser Absage ihre Einschätzung bestärkt, „[...] daß der Jugendhilfetag lediglich der scheindemokratischen Legitimation der Jugendpolitik der regierungs- und verbandsbürokratischen Kräfte dienen und die Loyalität der Fachbasis gegenüber dem bürgerlichen Staat sicherstellen sollte.“ (Presseerklärung Sozialistische Aktion Jugendhilfetag Hamburg, 25.5.1974)
5. DJHT revisited: 50 Jahre später wollen wir zusammen mit Protagonist:innen der Sozialistischen Aktion, der AGJ und heutigen Aktiven die Absage des 5. DJHT zum Ausgangspunkt nehmen, um über Kontinuitäten, Konsequenzen, Kontroversen und Schlussfolgerungen für heute ins Gespräch zu kommen:
Welche Fortschritte konnten erreicht werden?
Welche Entwicklungen waren problematisch?
Welche verschütteten Erfahrungen sollten heute aktualisiert werden?
Dabei sollen verschiedene inhaltliche Kontroversen in den verschiedenen Arbeitsfeldern der Jugendhilfe auf ihre Aktualität überprüft werden.
Die Tagung wird mit zwei Vorträgen eröffnet.
Reinhart Wolff wird als Protagonist der Sozialistischen Aktion unter dem Titel "Der 4. Deutsche Jugendhilfetag 1970. Tumult und Aufbruch in sieben Konfliktfeldern" zu den gesellschaftspolitischen Hintergründen und den zentralen Konfliktfeldern vor 50 Jahren sprechen.
Sinah Mielich (AKS Hamburg) wird als Protagonistin der heutigen Sozialarbeiter:innenopposition aktuelle Kontroversen in der Jugendhilfe: Zwischen Nothilfe und Emanzipation thematisieren.
In einer Podiumsdiskussion, moderiert von Stefan Köngeter (Universität Hamburg) diskutieren mit den Vortragenden u.a. Norbert Struck (ehem. Vorsitzender der AGJ) und Susanne Maurer (Sprecherin Gilde Soziale Arbeit) die in den Vorträgen dargestellten Kontroversen weiter.
Am zweiten Tag wird Günter Pabst (damals Sekretär des „Arbeitsfeldes Sozialarbeit“ und der Zeitschrift „Informationsdienst Sozialarbeit“ im Sozialistischen Büro) den reformistischen bis revolutionären Strömungen nachspüren. Er spricht zum Thema "Sozialarbeit im Aufbruch: Von der Fürsorge zur Sozialarbeit im Kapitalismus".
In Workshops zu arbeitsfeldspezifischen Kontroversen und Diskussionsforen zu arbeitsfeldübergreifenden Kontroversen werden die Themen weiter vertieft.
Die Veranstaltung endet mit einer Abschlussdiskussion und der Verabschiedung einer Resolution.
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