Von Natur aus unberührbar? Magrittes »images peintes« und die Geschichte der gemalten Gegenstände - Prof. Dr. Wolfram Pichler, Wien, Aby-Warburg-Stiftungsprofessor 2022 - Universität Hamburg
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14.06.2022
Von Natur aus unberührbar? Magrittes »images peintes« und die Geschichte der gemalten Gegenstände
Die von René Magritte in seinen späten Jahren ausgearbeitete Malereitheorie wurde als Reprise idealistischer Kunsttheorien und ideologische Verbrämung einer ganz anders gearteten künstlerischen Praxis gedeutet. Magrittes Thesen, etwa dass gemalte Bilder von Natur aus unberührbar sind und nichts verbergen, sind jedoch wesentlich aufschlussreicher als vermutet. Eine genauere Analyse lässt Zusammenhänge mit der Wahrnehmungsphysiologie des 19. Jahrhunderts erkennen. Sie zeigt außerdem, dass Magrittes Theorie einen unabgegoltenen Wahrheitsgehalt birgt und als berechtigter Einspruch gegen die Scheingewissheiten eines gedankenlosen Bilderkonsums verstanden werden darf. Dies wird insbesondere dann deutlich, wenn man die von ihm so genannten »gemalten Bilder« mit einer Reihe seltsamer Wesen vergleicht, die schon seit der Antike, jedoch fast unbemerkt durch philosophische und kunsttheoretische Schriften geistern und die traditionell als ›gemaltes Auge‹, ›gemalte Rose‹, ›gemalte Pfeife‹… oder abstrakter als ›gemalte Gegenstände‹ bezeichnet wurden.
Wolfram Pichler ist a.o. Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien. Er studierte Kunstgeschichte und Philosophie an den Universitäten München und Wien, wo er 1999 mit einer Studie über die Schminke der Maler promoviert wurde und sich 2015 mit kunsthistorischen Beiträgen zur Bildtheorie habilitierte. Im Jahr 2000 war er Visiting Fellow an der Harvard University, 2003/4 Postdoc-Stipendiat am Kunsthistorischen Institut in Florenz, 2012/13 Senior Fellow am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie in Weimar, 2013 Gastprofessor an der École des Hautes Études en Siences Sociales in Paris sowie Getty Scholar am Getty Research Institute in Los Angeles, 2017 Mercator-Stipendiat der DFG. Seine historischen und theoretischen Arbeiten stehen in der Tradition jener bildgeschichtlichen Wende, die das Fach Kunstgeschichte im ausgehenden 20. Jahrhunderts besonders in Deutschland und Frankreich genommen hatte. Seine Publikationen betreffen vor allem die europäische Malerei der Frühen Neuzeit und Moderne, die Theorie und Geschichte der Zeichnung sowie die Bildtheorie.
2022 hat Wolfram Pichler die Aby-Warburg-Stiftungsprofessur inne.
Videoproduktion: eLearning-Büro der Fakultät für Geisteswissenschaften (uhh.de/gw-ebuero).
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