"Im Frühjahr fahren wir nach Amerika“: die Auswanderung von Russlanddeutschen aus der Sowjetunion im Herbst 1929 - Prof. Dr. Victor Dönninghaus - University of Hamburg
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- F.5 - Geisteswissenschaften
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- Einwanderung, Exil, Flucht – Formen der Migration im und aus dem östlichen Europa
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14.12.2022
"Im Frühjahr fahren wir nach Amerika“: die Auswanderung von Russlanddeutschen aus der Sowjetunion im Herbst 1929
Ringvorlesung Osteuropastudien WiSe 2022/23
Gerade erlebt Deutschland durch Geflüchtete aus der Ukraine und der Exilierung russischer oder belarussischer Intellektueller Formen der Migration, die nach der Systemwende 1989/1991 und dem Ende des II. Weltkriegs historisch geworden zu sein schienen. Hierdurch treten andere Formen der Migration wie Arbeitsmigration, nomadische oder transnationale Lebensentwürfe in den Hintergrund, die in den letzten beiden Jahrzehnten die Wahrnehmung und öffentliche Diskussion des Themas dominiert haben. Die Ringvorlesung will die verschiedenen Formen von Exil, Flucht und Migration zwischen Deutschland und Mittelosteuropa und Osteuropa in den Blick nehmen und analysieren. Das Ziel der Vortragsreihe ist es, Formen geographischer und kultureller Mobilität aus dem Blickwinkel verschiedener Disziplinen (Geschichte, Kulturwissenschaft, Ethnologie, Literaturwissenschaft, Politikwissenschaften) zu beleuchten. Ein besonderer Schwerpunkt wird auf der Differenzierung von freiwilliger vs. erzwungener Migration (Flucht, Vertreibung, Exil) liegen.
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Prof. Dr. Victor Dönninghaus erzählt über die Flucht russlanddeutscher Bauern aus der Provinz nach Moskau im Jahre 1929 lenkte die Aufmerksamkeit der sowjetischen Öffentlichkeit auf die Notlage der Russlanddeutschen in der UdSSR. Vor dem Hintergrund der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft stufte der Kreml die Massenflucht der Deutschen mit dem Ziel der Ausreise aus der UdSSR als direkte Unterstützung „rechter Abweichler“ ein – was der Bewegung einen antisowjetischen Charakter verlieh. Dass die Flüchtlinge und ihre zahlreichen Angehörigen in den deutschen Siedlungsgebieten einer westlichen Minderheit angehörten, veranlasste die Organe der sowjetischen Geheimpolizei (GPU), nach Organisatoren der Emigrationsbewegung jenseits der Grenzen des Sowjetstaates zu fahnden. Die lokalen und zentralen Behörden waren zwar auf terroristische Akte, Aufstände und bewaffnete Rebellionen vorbereitet, nicht aber auf Formen des Widerstands wie eine friedliche Emigration aus der UdSSR. Ihr lawinenartiger Charakter wurde ebenso wie Hilfegesuche an das „Mutterland“ (im konkreten Fall das Deutsche Reich) als ein Beweis für fehlende Loyalität gegenüber der UdSSR sowohl der Flüchtlinge selbst als auch ihrer zahlreichen Sympathisanten vor Ort gewertet. In einer Zeit, in der sich die Beziehungen zwischen der UdSSR und Deutschland verschlechterten, wuchs im Kreml das Vorurteil, dass es sich bei den Russlanddeutschen um eine höchst reaktionäre Bevölkerungsgruppe handele, die das Sowjetregime in den Augen der Weltöffentlichkeit diskreditiere.
Verantwortliche Organisation: Prof. Dr. Anja Tippner, Osteuropastudien / Slavistik, UHH; Prof. Dr. Monica Rüthers, Geschichte, UHH; Prof. Dr. J. Otto Habeck, Ethnologie, UHH In Zusammenarbeit mit DGO, Landeszentrale für Politische Bildung Hamburg, IKGN, HSU
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Videoproduktion: eLearning-Büro der Fakultät für Geisteswissenschaften (uhh.de/gw-ebuero)
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